MONIKA UNGRUHE
Geh zu den toten Kindern
Mein Ritual der Trauerumwandlung
Einen Tag, nachdem ich bei einem Aufstellungsseminar mit meinen Gefühlen, die ich als Kind beim Tod meiner kleinen Schwester empfand, in Berührung kam, führte ich folgendes Ritual durch:
Ich schrieb an jedes meiner drei früh verstorbenen Geschwister einen Brief. Darin teilte ich ihnen mit, dass ich sie immer in Liebe in meinem Herzen tragen werde, jetzt jedoch die Zeit der stummen Trauer beenden möchte. Ich las die Briefe einige Male laut. Schon beim Schreiben flossen meine Tränen und dann beim lauten Lesen konnte ich (endlich) sehr heftig um ihren Tod weinen. Endlich lösten sich die Tränen, die ich 55 - 60 Jahre in mir verschlossen hatte.
Je häufiger ich die Briefe las, desto ruhiger wurde ich.
Dann nahm ich drei Teelichte (für jedes tote Geschwisterchen eins), Salbei, Streichhölzer, die Briefe und ganz viele rote Rosenblätter. Ich nahm eine Freundin als Zeugin mit und wir fuhren in meinen Garten.
Dort wollte ich meine lang verschlossene Trauer dem Kompost zur Umwandlung übergeben. Damals hatte ich noch nichts von Jorgos Canacakis Lebens- und Trauerumwandlungsseminar gehört.
Es hatte etwas geschneit, der Boden war mit einer dünnen weißen Schneeschicht bedeckt.
Ich zündete die drei Teelichte an und stellte sie auf drei Ecken der Kompoststiege. Auf dem Kompost - in der Mitte - zündete ich den Salbei an, dessen Rauch und Duft zum Himmel stieg und verbrannte nacheinander die Briefe - deren Asche sich auf den Kompost legte. Dabei sagte ich noch einmal laut den jeweiligen Namen des Geschwisterkindes.
Dann äußerte ich meine Bitte, dass die Trauer jetzt Raum geben möge für die Liebe, dass mein Herz sich nun öffnen möge, damit ich mich berühren lassen und berühren kann, dass meine Verschlossenheit sich umwandeln möge in Zugewandtheit und Verbundenheit.
Über die Asche streute ich dann die Rosenblätter und noch etwas Erde. Es war ein wunderschönes Bild - die roten Rosenblätter auf dem weißen Schnee.
Spontan summte ich ein Lied und merkte dann, dass es die Melodie war:
"Love is in the air..."
Ich lud meine Freundin zum Festschmaus ein, womit wir das Ritual beendeten.
Nach diesem Ritual fühlte ich mich sehr erleichtert und frei. Ich freute mich über mein inneres Wissen, das mir zur Verfügung steht, wenn ich mir nur Raum und Zeit gebe.
Mein Bild vom Ritual der Trauerumwandlung
Das Bild entstand zur Zeit meiner Abschlussarbeit in Erinnerung an ein Ritual, welches ich vor einem Jahr für meine verstorbenen Geschwister durchführte.
Es ist überwiegend in brauner Farbe gehalten. Es wirkt ruhig, still und doch lebendig.
Am rechten Bildrand steht ein brauner, kräftiger, kahler Baum. Der linke Bildrand ist vom Teil eines Baumstammes begrenzt.
In der linken Bildhälfte stehen zwei weibliche Personen hintereinander, den Blick nach rechts einem quadratischen Gebilde zugewandt, auf dessen drei Ecken kleine Lichter stehen.
Die kleinere schwarzgekleidete Person mit rotem Schal und hellen Haaren ist mit ihrer rechten Hand auf dem quadratischen Gebilde in Aktion und in Verbindung mit einem leuchtend roten runden Blütenteppich. Rauch steigt daraus empor.
Die größere Person ist braun gekleidet mit buntem Schal. Sie steht beobachtend hinter der anderen.
Mit diesem Bild wollte ich die Situation darstellen, die ich in dem Ritual beschrieben habe.
Mir fiel auf, dass im Gegensatz zu den vorigen Bildern (alle nach links - Vergangenheit - gewandt) dieses nach rechts, also in die Zukunft gerichtet ist. Außerdem tritt die Person in Aktion. Ihre Hände und Arme hängen nicht mehr kraftlos am Körper. Der Baum auf der rechten Bildseite wirkt sehr kräftig.
Meine Assoziation dazu: Es ist Winterende und bald wird dieser Baum blühen und Früchte tragen.